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Systemrelevanz des Journalismus und seine fünf Defizite

In einem Gastbeitrag diskutieren Klaus Meier und Vinzenz Wyss u.a. die Systemrelevanz des Journalismus. Implizit wird dabei auch das Argument aufgegriffen, das hier schon verwendet wurde: journalistische Beiträge sind eben nicht nur pure Reflektion einer Wirklichkeit, sondern beinflussen diese auch.

Darüber hinaus listen sie in fünf Punkten Defizite auf, die sich in der aktuellen Berichterstattung zur Corona-Pandemie erkennen ließen:

  1. Mangelhafter Umgang mit Zahlen: Zahlengläubigkeit, falsche Interpretation
  2. Konzentration auf Einzelfälle statt Strukturen
  3. Intransparenz bezüglich der Informationsgrundlage von Meldungen
  4. Thematisch und meinungsmäßig verengte Berichterstattung
  5. Erschaffung von (in diesem Fall) Virologen als Medienstars

Kurz gefasst: Journalisten bräuchten eigentlich eine Ausbildung in Wissenschaftstheorie und -methodik.

Medien erschaffen Realität

Heribert Prantl schreibt in seiner „Gebrauchsanweisung für Populisten“ (Ecowin, 2017) auf S. 35: „Die Qualitätsmedien sollten nicht so tun, als seien die Angriffe auf Minderheiten Events, über die es wie über Sportereignisse und Popkonzerte zu berichten gilt.“ Er bezieht sich damit auf eine weitverbreitete uni-direktionale Auffassung davon, was Medien zu leisten hätten. Das folgende Kausaldiagramm drückt diese aus; je wichtiger der Sachverhalt, desto umfassender die Berichterstattung.

Was dabei ausgeblendet wird (und in Prantls Zitat aufscheint) ist, dass Berichterstattung in den Medien wieder auf die Wichtigkeit (die sich nie vollständig objektiv definieren lässt, sondern immer „Gefühlte Wichtigkeit“ ist) zurückwirkt. Es entsteht also eine selbstverstärkende Rückkopplungsschleife:

Natürlich setzen auch auch hierbei irgendwann begrenzende Prozesse ein (sonst würde sich die Hysterie über ein Ereignis ja ins Unendliche steigern), vielleicht auch nur dadurch, dass die mediale Aufmerksamkeit sich auf ein anderes Ereignis verschiebt.