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Immer mehr Schiffe, immer weniger Fang…

Forscher haben jetzt empirisch untersucht, wie es um den internationalen Fischfang steht (Rousseau, Watson, Blanchard, and Fulton: Evolution of global marine fishing fleets and the response of fished resources, veröffentlicht in PNAS 2019). Das Ergebnis liest sich wie eine Zusammenfassung des Effekts, der sich beim Fishbanks Game immer wieder einstellt: „Alongside an expansion of the fleets, the effective catch per unit of effort (CPUE) has consistently decreased since 1950, showing the increasing pressure of fisheries on ocean resources.“

Ganz allgemein wird dieser Effekt als die Tragik der Allmende (oder Englisch: Tragedy of the Commons) bezeichnet. Jeder Akteur hat für sich gesehen rationale Anreize das Allgemeingut (hier: die Fische) möglichst gründlich auszubeuten. Was langfristig aber zu einem Zusammenbruch der Resource führt, womit dann auch alle schlechter dastehen.

Senge (The Fifth Discipline, 1990) nennt die Tragik der Allmende einen „notorischen“ Systemarchetypen, der immer wieder dynamischen zu Problemen führt. Als Lösungsmöglichkeit führt er gemeinsam beschlossenen und transparenten Zugriff auf die Ressource an; dieser Zugriff muss allerdings deren Endlichkeit und Regerenationsmöglichkeit berücksichtigen und Fehlverhalten muss sanktioniert werden. Hier seine Abbildung (S. 387f.):


Tragik der Gutachter-Allmende

Die Herausgeber der Fachzeitschrift Ecology Letters (Michael E. Hochberg, Jonathan M. Chase, Nicholas J. Gotelli, Alan Hastings und Shahid Naeem) beschreiben 2009 (12. Jahrgang, S. 2-4) die Situation bei der Begutachtung von Fachartikeln als typisches Problem der Form „Tragik der Allmende“ (engl.: tragedy of the commons).

Das gegenwärtige Anreizsystem in der Wissenschaft führe dazu, dass immer mehr Zeit zum Publizieren von Artikeln aufgewendet würde (inkl. forschen, schreiben, revidieren, neu einreichen etc.) gegenüber der Erstellung von Gutachten für von Kollegen eingereichte Artikel. Gleichzeitig bewirke dies aber auch, dass die insgesamt im System vorhandene Kapazität zur Erstellung von Gutachten abnimmt, wodurch die Verzögerung von Gutachten zu und ihre Qualität abnimmt. Wissenschaftler müssten also individuell noch mehr Zeit zum Publizieren aufbringen, um den Anforderungen zu genügen. Dies beeinträchtigt sowohl ihre Möglichkeit zur Erstellung von Gutachten als auch wiederum die Gesamtkapazität des Systems.

Das folgende Kausalitätendiagramm fasst aus meiner Sicht diese Gedanken in einer „Limits-to-Growth“-Struktur zusammen. Stellt man sich mehrere individuelle Forscher im Diagramm abgebildet vor, konkurieren diese um eine gemeinsame Ressource, die Reviewer Allmende, und es ergibt sich der klassische „Tragedy-of-the-Commons“-Systemarchetyp nach Senge (1990; The Fifth Discipline):